Die schönen und reichen Toten

Ich habe mir heute auf Youtube den penetranten, permanenten und unterschwelligen Mainstream angesehen: Die Reichen, die Schönen, die Superreichen, die Erfolgreichsten. Die teuersten Häuser, Autos, Taschen, die Babyschnuller aus Gold. Dann die Ärmsten, die Hässlichsten (verpatzte plastische Chirurgie), die Erfolglosen, die Superarmen, die schlimmsten Häuser und Wohnungen, der fehlende Schnuller für die Kinder. In Amerika fragen die Moderatoren nach dem Preis und sagen dann ein langweiliges >>wow<<, wenn sie hören, dass eine glänzende Kommode 80.000 Dollar kostet. In der Steigerung wiederholen sie ein nervig unintellektuelles >>waaoow<<, wenn sie eine Küche mit Pizzaofen sehen, die 250.000 Dollar kostet. Amerikaner beschwören Unspektakuläres in Masse: 12 muffige Schlafzimmer, 8 kalte Marmorbäder, 1 Fahrstuhl für auffällige Autos. Indiskrete, billige Geschäftsleute schmücken einen Ort mit bekannten Namen: "Naomi Campbell war hier! Sharon Stone war auch hier…" Mittelmäßigkeit setzt Menschen ein, entwertet sie, um die Preise an einem Ort zu erhöhen, damit andere Reiche kommen, die, wenn sie wertvoll wären, den Ort meiden müssten. Es müsste sie abschrecken. In ihrer systemischen Wertlosigkeit fühlen sie sich allerdings geschmeichelt. Wer sie benutzt, der gibt ihnen ein Gefühl, das sie nicht einmal genau kennen. Sie reden nie über den Tod. Tote Reiche sind wertlos. Elvis ist nicht tot, weil er Werte hinterlassen hat. Deutsche Superreiche beschwören den Neid der anderen, während sie in einem teuren Auto billig sitzen. Sie schwören, dass sie Brötchen von gestern kaufen und Quark selbst herstellen. Eine Erbin findet Erbschaft ungerecht. Sie gibt Menschen eine Chance, sie kennenzulernen, bevor sie um ihre Millionen wissen; und einen Schock verarbeiten müssen. Deshalb bespricht sie das sicher in der Öffentlichkeit. Die Superarmen werden von Reportern wie Superreiche befragt. Der Wow-Faktor und der Waaoow-Faktor ist das Defizit. Der konstruierte Ekel ist die Währung, also nicht das Geld. Sie werden wertlos gemacht, von einem Klick-Journalismus, der Geld bringen muss. Journalisten sind wertlos, wenn sie keine Story haben. Sie müssten den Klick-Journalismus meiden, wenn sie Werte schaffen wollten. In ihrer systemischen Wertlosigkeit fühlen sie sich geschmeichelt. Gesellschaften, in denen keine Werte beschrieben werden, sind nicht reich. Sie sind fahrlässig fantasielos. Sie fleddern die Toten und sie entsorgen die Toten.