Trauermusik

Die Musik verwandelt sich, wenn sie für eine Trauerfeier gespielt wird, wenn ein Mensch mit ihr verabschiedet wird. Meist haben Kirchen oder eben Hallen auf Friedhöfen eine empfindliche Akustik. Oft, ziemlich oft habe ich das Gefühl, dass eine körperlose Seele die Töne verstärkt. Vielleicht ist es auch die außerordentlich ungewöhnliche Stille bei einer Trauerfeier, die Töne klar und lange transportiert. Sie geht in die Menschen hinein und durch die Menschen hindurch. Insofern spielt die Stilrichtung keine Rolle. Die Musik wird zum Freund, der die Menschen nach Hause begleitet. Die Musik versteht das Wesen der Trauer und Menschen fühlen sich geborgen in ihr. Deshalb werden Komponisten geliebt. Sie sprechen eine Sprache, die kein Mensch wirklich verstehen darf. Eine Komposition muss gefühlt werden, damit ein Bild aus vielen unterschiedlichen Tiefen aufsteigen kann. Wenn jeder Mensch nur einen Tropfen Wasser in ein leeres Becken träufelt, dann sehen alle Menschen einen weiten Ozean, in dem ein Verstorbener fortgetragen wird. Die Musik bleibt der Freund, der niemals geht. Deutsche lieben Leonard Bernstein! Er konnte Deutsche auf eine fast unheimliche Art berühren. Er beseelte eine ganze Nation, er löste eine neue Stille aus, eine stille Faszination für seine Kunst. So wurde er selbst zum Freund einer ganzen Nation. Seine Werke manifestierten einen Glauben, den unterschiedlichste Religiöse fühlen konnten. Bradley Cooper ist nicht Leonard Bernstein. Er spielt den Komponisten in einem Film, für den er seine Nase verlängert hat, damit er jüdisch aussieht. Nur ein Dummkopf fällt auf diesen antisemitischen Mist herein. So auch Alan Posener, der in der ZEIT schreibt: "Spielen heißt nicht verkörpern." Er wird sicher bald Schuhcreme in sein Gesicht schmieren, um Malcolm X auf einer Faschingsparty zu spielen; und dann wird er sagen, dass er Malcolm X nicht verkörpern möchte. Gäste werden merken, dass diese Aussage furchtbar dumm ist. Noch dümmer werden sie operettenhaft lachen, damit die Gläser gut und lange klingen. Wer will schon eine Faschingsparty verderben? Wer will Dummheit aufdecken, um von Dummen schuldig gesprochen zu werden? Das machen nur Menschen, die einen Freund gefunden haben, der ihnen gezeigt hat, dass man durch die Kraft unterschiedlichster Gefühle in eine schier grenzenlose Freiheit sehen kann. Bradley Cooper vermag das nicht. Für Geld hat er sich, wie ein Kasper, eine Nasenprothese aufsetzen lassen. Das klingt schon so lächerlich und erbärmlich, dass der Film Maestro in einer hingerotzten Pfütze verendet. Leonard Bernstein hat bewiesen, dass es ganz besondere und außergewöhnlich unikate Menschen in den USA gibt. Posener beschreibt in der ZEIT Bradley Cooper, der den jüdischen Komponisten spielt. Posener bekommt die Bühne für seine Stigmatisierung mit der ZEIT. Die Aussage der jüdische Komponist belegt seine Begrenztheit, seine Begriffsstutzigkeit, denn dieser Ausspruch impliziert, dass eine Korrektur im Kunstraum wieder möglich gemacht werden kann. Bradley Cooper sieht geschminkt ganz sicher gut aus. Ein Alkoholiker, wenn auch trocken, ist jedoch keine Premiumware für einen jüdischen Komponisten. Die Kombination Alkohol und die offenkundige Verdummung, heute vielfach auch bei Frauen anzutreffen, führt in scheinbare Machtpositionen, die in jenem Bereich, in dem Genies wirken, zusammenfallen. Darauf sollten sich schöngeistige Menschen verlassen. Der langjährige Freund wird immer an ihrer Seite bleiben. Die Nasendiskussion möchte diese Freundschaft in den Schmutz ziehen, sie zerstören. Kein Mensch kann Leonard Bernstein spielen.