Die Leidensgesellschaft

Kurt Krömer hat Depressionen. Peter Lindbergh fotografierte Persönlichkeiten. Er war in den USA und in Europa erfolgreich, erlangte Weltruhm. Torsten Sträter hatte Depressionen und pflegte Suizidgedanken. Jil Sander baute ein Imperium auf und wurde in den USA die Queen of Minimalism, sie erlangte Weltruhm. Oliver Polak litt an Depressionen. Wolfgang Joop, im Wolfspelz, baute ein Modeimperium auf und wurde in den USA berühmt. Marek Fis hatte Depressionen. Joe Kaeser baute das Siemens-Imperium in Russland aus. Eine Gesellschaft, die sich mit fremden Depressionen eincremen lässt, kommt ganz sicher nicht nach vorne und deshalb muss diese Gesellschaft über Persönlichkeiten reden und schreiben. Kurt Krömer ist uninteressant. Interessant wäre nur sein Therapeut, der, was eine Überraschung, nicht zu Wort kommt. Ich hege kein Mitleid für Menschen, die ihre Missstände kultivieren und Bücher darüber schreiben. In Krömers Fall zahlen vorrangig seine Kinder die Rechnung, am Ende auch der Zuschauer und Leser. Der deutsche Bremsschaum müsste eigentlich in der Höhle des Löwen einen Geldgeber finden. Eine völlig klimaneutrale Waffe aus Deutschland, die ganze Nationen lahmlegen kann. Trauer und Depressionen gehören zusammen. Es ist eine neue Normalität für Menschen, die einen Menschen, klein oder groß, verloren haben. Medien hingegen ergötzen sich förmlich an den Depressionen von Kurt Krömer, der offenkundig Preise für die Kultivierung von Unzulänglichkeiten gewonnen hat. Sie machen aus ihm einen Experten. Wahrscheinlich wird Kurt Krömer eine TV-Sendung um 20:15 Uhr bekommen und alle Depressiven der Welt einladen. Er wird dann natürlich der Depressivste unter den Depressiven sein. Die Sendung könnte in den Leichenräumen von Prof. Hagen ausgestrahlt werden. Körperwelten und Depressionen. Das passt zu den eingemufften Strukturen der Medien, die das Land in die Depressionen führen, in die Dunkelheit aller Kriege. Das Gefolge kauft, in der eigenen Dämmerung, ETFs von Black Rock. Sie wollen schon lange nicht mehr wissen, dass sie eigentlich Rheinmetall finanzieren. Orakel, Propheten und Wahrsagerinnen schießen, wie Unkraut, aus dem Boden. Sie verkünden fast fröhlich, dass alles noch schlimmer und ernster wird. Depressivste wissen, dass der Tod die ultimative Freiheit ist! Und plötzlich gibt es gläubige Agnostiker! Sie kultivieren, wie Kurt Krömer, ihre eigenen Unzulänglichkeiten. In der postpubertären Perspektive wirkt die abgenabelte Persönlichkeit bedrohlich. Persönlichkeiten nehmen niemals Kurs auf eine vertraute mütterliche Fruchtblase. Sie steuern mutig auf das Ende des Lebens zu. Punkt. Persönlichkeiten hinterlassen immer Spuren! Sie hinterlassen Kinder, Kunst, Werke, Ideen, Unvollendetes. Sie hinterlassen einen Faden, den ein Nachfolger aufnehmen kann. Kurt Krömers Depressionen gehen uns am Arsch vorbei. Sie haben uns nicht zu interessieren. Selbst der trotzigste Oppositionelle muss zugeben, dass seine Kinder die wesentliche Sozialstudie ablieferten. Sie wären sogar öffentlich zu bedauern. Dann aber ginge es um echtes Leid, das Depressive nicht ertragen können.