Wir schaffen das nicht
03/09/20
Es sollte eigentlich jedem Berliner klar sein, was Berlinern klar ist. Die CDU, die Rechten und die Werteunion möchte die Hauptstadt übernehmen. Heute finde ich meine Heimatstadt in einem peinlich unpolitischem Stadium wieder. In Berlin konnte man immer billig wohnen, studieren, demonstrieren, Häuser besetzen, der Bundeswehr entgehen, dicke Hose spielen, abhartzen, Fabriketagen billig bewohnen. Man konnte sich zwischen Gastarbeitern selbst beweisen, dass man nicht grau-rechte Provinz ist, dass man "auch" cool ist, dass man "auch" Narben hat, die ein bewegtes Leben belegen. Meine Generation war nie wirklich politisch aktiv, weil unsere Eltern zu politisch waren. Das begründet heute wohl auch den Fachkräftemangel im Politikbetrieb. Berlin war deshalb eine Quelle, auch der Inspiration, weil Berliner das Herz auf ihrer Zunge tragen. Künstler strömten nach Berlin und gestalteten diese Stadt. Menschen kamen, die in Freiheit leben wollten und konnten. Berlin war deshalb lange die Stadt der Singles. Diese Stadt garantierte das Leben, das auf Freiwilligkeit beruhte. Es brauchte keine strangulierende Verbindlichkeit - auch nicht in den vielen Berufen. Die soziale Marktwirtschaft funktionierte wunderbar. Bildung für alle Schichten. Firmeninhaber waren ziemlich hoch angesehen, wenn sie Mitarbeiter und Azubis hatten. Herrn Schröder oder Herrn Hartz hätte man von jeder Bühne gejagt. Es gab immer krude Rechte und verquirlte Linke. Beide benutzten "den" Staat als Dummy. Beide waren ohne jedes Konzept, weil sie sich gegen ihre Väter auflehnen mussten. Der lebendige Kriegsverbrecher Rudolf Heß schmorte bis 1987 in der Zitadelle. Kein politisch interessierter Teenager wäre damals auf die Idee oder gar an die Information gekommen, dass der gefährlichste Deutsche tatsächlich in Ägypten geboren wurde. An dieser Stelle kenne ich die krankhaft unreflektierten Reflexe: "Sie will die deutsche Geschichte schmälern und die Deutschen rauswaschen." Die Fortsetzung der Blindheit gegenüber der Geschichte: Man gaukelt bis heute also tatsächlich vor, dass Deutsche ab 1933 dann doch so tolerant waren, da sie in Heß einen reinrassig blauäugigen Deutschen sahen. Heute lebt eine Großfamilie in Berlin-Neukölln, die sich mit den Namen der Nazi-Größen schmückt. Es sind Deutsche, Arier, die der jüdischen Gemeinde in Berlin sicher ein wohliges Gefühl vermitteln. Die SPD selbst ließ ihren kritischen Herrn Buschkowski verstummen. Wer hat uns verraten? Die Sozialdemokraten! Berlin wurde an Investoren verkauft. Kein Mensch, der 500.000 Euro für eine Wohnung ausgegeben hat, wählt die LINKE, schon gar nicht die SPD. Die Grünen behaupten tatsächlich, dass das heutige Berlin die Klimahauptstadt sei. Hilfe. Investoren werden die CDU wählen. Die Künstler sind weg. Die letzten Hausbesetzer leben in der Rigaer Str. Investoren werden den Flughafen aufräumen, sie werden die Polizeidienststellen aufräumen, sie werden die Schulen und Krankenhäuser und Feuerwehrstationen aufräumen und aufrüsten. Sie werden die Polizeipräsenz drastisch erhöhen und die ersten Knüppel werden schon bald auf Körper prallen. Die Farben Berlins schwinden.