Prognosen

"Sie haben keine 12 Monate." Eine Freundin erkrankte in jungen Jahren an Leukämie. Sie lebt noch heute. Prognosen sind zum Kotzen, weil sie das Ende einer Geschichte vorhersagen wollen. Sie wollen das Abenteuer verhindern. Es muss schnell gehen. Sie wollen Überraschungen zerstören. Prognosen wollen steuern und kontrollieren. Tarotkarten bieten Prognosen. Die Astrologie bietet Prognosen. Sie bevormunden den Menschen. Glück und Hoffnung spielen keine Rolle. Journalisten wollten - das zweite Mal - bei den US-Wahlen auf Prognosen hereinfallen. Und heute spielen sie die Bestürzten: "Wie konnte das passieren?" Sie jammern geradezu; so, als hätten die Prognosen zu den US-Wahlen im Jahr 2016 und im Jahr 2020 ihre Professionalität gestohlen. Deutsche Journalisten beschrieben die US-Wahl nicht. Sie recherchierten nicht. Sie übernahmen Prognosen. Wie Paillettennäher und Pailettennäherinnen übernahmen sie Material und nähten im Home Office demokratische Fahnen: "Wir machen nur unseren Job." Dieser Satz klingt so über die Maße willenlos. Die Prognose wirkt, weil sie eine individuelle Lage grundsätzlich ignoriert. Sie ignoriert die individuelle Willenskraft, die Leistungskraft, die Leidensfähigkeit. Auch im Fall von Trump hat man seinen Willen und den Willen vieler Amerikaner schlicht ignoriert. Der Slogan Vote implizierte, dass Nichtwähler aus irgendeinem Grund Demokraten sein müssten. Der Gedanke ist geradezu dumm. Von der hohen Wahlbeteiligung profitierte natürlich auch Präsident Trump. Ein Rennen Kopf an Kopf stand nicht in den Prognosen. Die deutschen Prognosen erzählten nichts über die wahren Bedürfnisse der vielen US-Bürger. Was wollen Stahlarbeiter, Taxifahrer, Busfahrer, Krankenschwestern, Handwerker, Gastronomen, Familien? Was wollen Sachbearbeiter? Was wollen Trumpwähler? Was wollen Amerikaner? Laut deutschen Prognosen das Ende der Abtreibungen und den Neuanfang von Rassenhass. Sie wollen keine Arbeit. Sie wollen keine Löhne. Sie wollen nicht ihre Familien ernähren. Sie wollen Waffen kaufen und schießen. Trumpwähler wollen sich verschulden. Sie wollen keine bezahlbare medizinische Versorgung. Der Mittelstand in den USA will Drogen konsumieren, möglichst das Heroin aus China, für 10 Dollar, aus dem Darknet. Kein Deutscher Journalist hätte die Chuzpe das zu schreiben. Sie spielen Copperfield und schreiben Zauberformeln. Eine Formel lautet stets: "Obamacare." Deutsche denken sogleich: "Ah. In Amerika gibt es jetzt auch die AOK, die TK, die DKV, die Debeka, die BEK." Sie lachen über Trumps Unfähigkeit in der Pandemie. Ausgerechnet! Sie lachen darüber, dass in dem Chaos US-Hilfschecks in Österreich gelandet sind, also amerikanischen Haushalten fehlen. Deutsche Prognosen taten öffentlich lustig Kunde, dass eine Rückforderung der falsch ausgezahlten Millionen Dollar wohl ewig dauern müsste. Keine Regierung und keine Bank ordnete die Rückvergütung, die sofortige Sperrung der von Trump signierten Schecks an? Die Unterschlagung wird schlicht frisiert. So läuft das also! "Oh, wir haben den geschenkten Scheck natürlich eingelöst, er lag in unserem Briefkasten! Prognosen sagen, dass 2024 der nächste Crash kommt. Die Banken haben die Schecks eingelöst! Nicht wir!" Der freie Wille. Keine Prognose kann ihn ausschalten.