Franziskus ist nicht gestorben...

…er hat nur die Räume gewechselt. Wie gottlos die Gesellschaft wird, entscheidet auch das ZDF. Die Macher der Anstalt sind bereits bei der Testamentseröffnung. Vielleicht hofften sie darauf, dass Franziskus die Anstalt als Haupterben einsetzt? "Ich habe mein Leben immer der Mutter unseres Herrn, der heiligen Maria, anvertraut." Meine Großmutter väterlicherseits war eine sehr gläubige Katholikin. Ihr Mann, mein Großvater, baute eine Orgel und spielte sie auf gefühlt 5 Ebenen. In Ihrer Wohnung hing ein recht aufwühlendes Kreuz, auf dem der gefolterte Jesus zu sehen war. Das Blut lief aus seinen Füßen. Stacheldraht war um seinen Kopf gebunden. Ich konnte die Botschaft eines ermordeten Menschen nicht verstehen. Meine Schwester verstand die Botschaft sofort. Ein göttlicher Funke sprang wohl auf sie über. Mir gefiel, dass meine Großeltern anders waren. Bei Tisch durfte nicht rumgeredet werden oder rumgealbert werden. Meine Großmutter formulierte bei Tisch ein Midi-Gebet und dann wurde gegessen. Sie betete natürlich; und sie war bibelfest. Sie ging jeden Sonntag in die Kirche. Meine Schwester fand die Besuche in der Kirche wunderbar. Für mich waren die Besuche eher ein Abenteuer. Menschen tauchen ihren Finger in ein Wasserbecken. Sie führen ihre Hand zur Stirn, zum Brustkorb, zur linken und zur rechten Schulter. Als Kind konnte ich nicht gut nachäffen. Ich verwechselte stets die Reihenfolge. Für berliner Gören, in der "Ewigen Schmuddelstadt", sind Gläubige neu und rein. Ihr Gesang ist klar und fokussiert. Die Worte einer Menschenmenge sind synchron. Etwas, nicht wirklich definierbar, trieb mich aber aus den gebauten Kirchen heraus; und doch lernte ich etwas Kerniges. Ich lernte, die Formate in unterschiedlichen Räumen zu wechseln! Das ZDF erkennt nicht ansatzweise, welche Wucht der Satz eines Mannes haben kann, der sein Leben einer Frau - namens Maria - anvertraute. Heute erstickt die Gesellschaft in und an ihrer eigenen Psychoanalyse. Dieses abtötende Werkzeug lag einst in den Händen guter Therapeuten. Heute missbraucht so ziemlich jeder Krankende seine "Analyse", die in reine Spiegelfechterei ausartet, die in Manipulation mündet, die, in Kombination mit Tarot-Karten, in Hellseherei ausartet, die ur-eigene Psychosen nur verstärkt. Ich schrieb ja bereits, dass mein Bestattungsinstitut seit drei Jahren von einer Bewohnerin terrorisiert wird. Und mir wird heute klar, wie gottlos nicht nur Behörden, Polizei, Richter, Anwälte geworden sind. Noch vor 20 Jahren hätte jeder gestandene Polizist einer Terrortante den Marsch geblasen, hätte die ihre geistige Inkontinenz in ein Bestattungsinstitut gekippt. Jeder Richter hätte dieser Frau gesagt: "Wenn Sie in einem Bestattungsinstitut eine Wohnung erkennen, dann gehen Sie zum Arzt. Verschwenden Sie unsere Steuergelder nicht." Jede seriöse Hausverwaltung hätte so eine verwirrte Tante, nach vier Hausverboten, deutlich und klar abgemahnt. Wenn ich, als Bestatterin(!), Kontaktverbote erwirken muss, dann hätte die Richterin sofort sagen müssen: "Dachten Sie nach fünf Polizeieinsätzen und Einsätzen des Sozialpsychiatrischen Dienstes, dass Sie sich vor Trauernden benehmen können, wie eine Rummelbudenboxerin?" Ich fand im Haus eine einzige Frau, die ich bewundert hatte. Wir sahen uns in zehn Jahren fast nie. Wir grüßten uns, wenn ihr Taxi vorfuhr. Mehr wollte ich nicht wissen. Sie wirkte tough. Am Klingelschild steht ihr akademischer Grad. Wann immer die Lichtkugel auf ihrer Terrasse leuchtete, dachte ich, dass diese Frau den Glanz in die Hütte bringt. Dann aber stellte sie der Terrortante ein Charakterzeugnis aus. Das erinnerte mich wahrlich an eine ganz andere Zeit. Sie bescheinigte ihr die gute Führung - so ohne Hausverwaltung. In Sekunden erkannte ich, wie tief Menschen in fremden "Psychoanalysen" durch fremden Dreck gezogen werden. Die leuchtende Kugel steht nur noch für Zeug. Der Glanz ist weg. Es ist also schön, dass der Papst bescheiden beerdigt werden möchte. Deshalb treten aber nicht Millionen Menschen, auch in Berlin, an die Kondolenzbücher. Franziskus hatte etwas, dass viele Menschen nicht haben. Er hatte seinen Glauben. Er drängte sich mir nicht auf. Er analysierte seine Gläubigen nicht. Er bewertete die Gläubigen nicht. Jeder darf seinen Gruß in das Kondolenzbuch schreiben. Sein Leib wird also krönend verabschiedet und bestattet - in der Ewigen Stadt.