Gleiche und Bewunderer

Je gleichförmiger eine Gesellschaft werden soll, desto rassistischer wird eine Gesellschaft werden. Gleichförmig verkopfte Fragen: "Bin ich ein Rassist, weil ich nur weiße Mädchen auf Tinder date?" Nein. Tinder ist gleichförmig und Tinder macht gleichförmig. Partnerbörsen animieren nicht dazu, eine Opposition zu bewundern. Gleich und gleich gesellt sich gerne. Akademische Grade, Alter, Vorlieben, Augenfarbe. Eine grauenvolle Formel, die den Weg des geringsten Widerstandes predigt. Die Diskussion um Hautfarben ist eine oberflächliche Diskussion: Wir müssen alle Menschen wie weiße Menschen behandeln. So lässt man Makel verschwinden. Was ist mit den Kindern, die nicht weiß sein wollen. Kein Mensch hat sie je gefragt. Warum nicht? Als Kind war ich weiß, wie ein Blatt Papier. Meine Schwester war richtig. Sie wurde in der Sonne schnell braun, brauchte kaum einen Sonnenschutzfaktor. Sie war also ein gesundes Mädchen. Sie wurde geliebt. Ich hingegen blieb weiß - irgendwie blutleer. Einmal, es war Sommer, gingen wir ins Freibad. Meine Familie versicherte mir, dass ich mich nicht für meine Haut schämen müsste. Meine Oma wollte mich aufbauen und sagte: "Du trägst die vornehme Blässe." Sie wusste nicht, dass ich Diana Ross bewunderte. In meiner Fantasie sahen übrigens alle Menschen in Amerika wie Diana Ross aus. Ich bewunderte meine Schwester. Sie traf im Freibad sofort ihre gebräunten Freunde, breitete die Decke aus und legte sich in die Sonne. Sie fühlte sich gut, sie lachte, sie scherzte, holte die Sonnencreme aus der ibizenkischen Korbtasche meiner Mutter; und sie wusste genau wann wir ins Schwimmbecken gehen. Wir liefen über die Wiese und ich schämte mich in Grund und Boden, weil meine gebräunte Schwester die Blicke auch auf mich zog. Meine weiße Haut bekam durch Ihre Sonnenbräune eine Signalwirkung. Kurz vor den Duschen kamen die Kings des Freibades, die meiner Schwester imponieren wollten. In jedem Freibad gibt es diese königlichen Läufer, die jeder sehen soll. Meine Schwester sah weg; und dann hielt uns ein Muskelpaket an, sah zu mir hinunter und fragte: "Ey! Du! Hat Dich Deine Mutter mit Persil gewaschen?" Meine Schwester beleidigte schlagfertig lautstark seine Leoparden-Badehose und alle lachten. Die Freunde meiner Schwester versicherten mir eine gewisse Sonnenbräune und sie spendierten Pommes. Ab diesem Tag aber fühlte ich mich lange Zeit nicht mehr wohl in meiner Haut. Dieses Freibad besuchte ich nicht mehr. Mir wurde klar, dass Haut eine enorm große Rolle spielt. Ich überlegte, dass es besser für mich gewesen wäre, wenn meine Mutter einen Amerikaner geheiratet hätte. Die Medizin erklärt die Haut zum wichtigsten Organ des Körpers. Die Kosmetikindustrie macht sogar Tierversuche, um Haut zu verjüngen, Poren zu verkleinern, Pickel zu verhindern, Sonnenbrände zu verhindern. Nur das gleichmäßige Hautbild ist ein schönes Hautbild. Wer sagt, dass Haut keine Rolle spielt, der lügt durchaus wohlwollend. Erst mit dieser Lüge wird ein Problem produziert, weil weiß - angeblich - die richtige Hautfarbe ist. Das stimmt so nicht. Menschen mit einer dunklen Hautfarbe werden durchaus auch bewundert, verehrt, geliebt, gemocht. Darüber schreibt niemand. Warum eigentlich? Nicht die Hautfarbe nährt den Rassismus. Es ist die gleichförmig starre Haltung zur Hautfarbe. Es sind die düsteren, schmutzigen und grausamen Legenden, die gesponnen wurden. Auf Instagram gibt es eine erste Blackbusiness-Plattform, die enorm erfolgreiche Menschen vorstellt. Die Hautfarbe wird hier als Teil des Erfolges gefeiert, nicht als Problem, nicht als Makel. Dort bemitleiden sich Menschen nicht, weil sie als Weiße angeblich erfolgreicher wären. Hautfarbe ist ein bedauernswerter Zustand, wenn man sich nicht mehr in seiner Haut wohlfühlt. Die gleichförmigen Fragen und Gedanken, aus der immer gleichen Perspektive, trennen weiße Menschen vom Rest der Welt.