Der Phoenix aus der Asche
04/12/22
Der Tod, also das Vergehe, ist größer und mächtiger als ein einziges Leben. Der Satz reicht eigentlich schon aus, um schlechte Politik zu erkennen. Trauernde wissen sehr genau, auch wenn sie das Gegenteil behaupten, auch wenn sie noch in einem überholten Modus verweilen, dass der Tod die Größe eines Lebens nicht ansatzweise zur Kenntnis nimmt. Er hat keinen Hunger auf dieses Gebilde, das wir Leben nennen. Er ist wie ein großer Wal, der in einem unergründlichen Ozean auftaucht. Es scheint, dass er die glücklichen Lebenswellen verdrängt; und dann verschwindet er für eine Zeit lang. Industrienationen vergiften große Ozeane, weil sie das Größere fürchten. Sie fangen und sie verspeisen Wale, weil das Zerstückelte keine Macht mehr hat. Sie demonstrieren ihre "Größe", wenn sie einen Wal töten; und wenn sie sich mit einem gestrandeten Wal fotografieren. Sie verkünden im Grunde, dass sie den gefährlichen Tod getötet haben. Das ist lächerlich. Das ist zwergenhaft. Das ist nicht respektabel, weil sie das Große und das Ganze nicht verstehen. Und weil sie es nicht verstehen, können sie es auch nicht verkünden. Trauernde wissen sehr genau, auch wenn sie das Gegenteil behaupten, auch wenn sie noch in einem überholten Modus verweilen, dass das Leben, unabhängig von einer attestiert medizinischen Atmung, die Größe des Todes nicht ansatzweise zur Kenntnis nimmt. Es hat keinen Hunger auf dieses Gebilde, das wir Tod nennen. Ich habe vor genau 8 Jahren den sterblichen Inhaber einer Baufirma, der in ganz Deutschland tolle und finanziell aufwändige Projekte auf die Beine stellt, gefragt, wie er diese vielfältigst übergroßen Belastungen aushält. Er antwortete weise: "Wenn es nicht gut laufen sollte, dann werden wir eben einfach wieder kleiner." Er ist also beweglich und er kann ruhen. Er ist biegsam und er muss sich nicht beugen. Er kann sich ergeben und er muss nichts verlieren. Er achtet ergo genau darauf, dass nichts und niemand seine Zeit verschwendet. Er ist offenkundig nicht überheblich und er übernimmt Verantwortung. Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass er bei einem Trauerfall sofort klare Prioritäten setzen würde. Er würde die scheinbar wichtigsten Bauprojekte übergeben, ruhen lassen, klug aussetzen. Er würde sich sehr klein machen. Er würde in seinem Kummer ganz weich werden und er würde in seinen Schmerzen verbrennen. Und dann - sein Zeitfenster kennt er schon heute bestens - würde er wie ein Phoenix aus der Asche aufsteigen. Und die, die Booster für ihn sein werden, die ihm Schubkraft geben müssen, werden fröhlich abfallen und sich an seinem Aufstieg erfreuen; so, wie sich Walretter im Ozean erfreuen. Hier wird klar, dass der deutsche Politikbetrieb Zeit raubt, Geld verschwendet, starr ist, zur falschen Größe aufgepustet wurde. Es ist ein Gebilde, das Zukunft wagen möchte, das Moderne wagen möchte, das Innovation wagen möchte, das Demokratie wagen möchte. In so einem peinlichen Konstrukt ersticken "Booster" jedes Leben, weil sie selbst so wichtig sind. "Booster" wollen Dankbarkeit und Respekt. In so einem Konstrukt wird weder ein Wal gerettet noch ein Phoenix aufsteigen. Auf diesem Planeten muss man beweglich bleiben. Manchmal ist man der Booster für einen Phoenix und manchmal ist man selbst der Phoenix. Wenn Trauernde also wissen, dass sie für ihren Flug bereit sind, dass ihre neue Zeit gekommen ist - dann müssen sie aufsteigen. Und jeder Booster muss seine Schubkraft geben!