Netz und Etiquette

Barbara Schöneberger entschuldigt sich, amerikanisch öffentlich abgeschminkt, für einen lächerlichen Post, in dem sie Männer gewohnt bissig bestärkt: "Schminkt Euch nicht." Ein Shitstorm beschäftigt sogar die seriösen Medien. Fragwürdig bleibt, was an einem Shitstorm unter die Netiquette fällt, denn der Post von Frau Schöneberger war eindeutig an heterosexuelle Männer gerichtet, die in ihr Beuteschema passen. Es gab keine Missverständnisse. Frau Schöneberger hat sich nie für die Gay Community eingesetzt. Frau Klum tat dies ebenfalls nie. Sie soll in den Medien Drag Queens verkaufen, denn Gloria oder Conchita scheint man kein Format geben zu wollen. Wären sie allein, wie Ru Paul, gefährlich, ein Kassengift? Frau Klum bemalt sich für die Werbung extremst - ohne zu erklären, welchen Sinn ihre eigene Bemalung, die an Fasching erinnert, hat. Die alten Ägypter, gemeint sind Männer, wussten warum und wofür sie ihr Gesicht verzierten. Sie taten dies eher nicht, um Diener von Modediktaten oder Kosmetikkonzernen zu werden. Die Entschuldigung von Frau Schöneberger ist peinlicher als ihr Posting. Sie beugt sich dem Druck einer fragwürdigen Öffentlichkeit. Unter Umständen sind es 15-Jährige, die ihre Meinung nach genauen Überlegungen ändern. Unter Umständen feuern Hater diesen Shitstorm an, die unter Pseudonamen firmieren. Eine Meinung, die nicht unter eigenem Namen verfasst wird, ist wertlos. Die Masken von Schnuffi und Bubinator sind meist Konten ohne Inhalt. Es könnten ungepflegte und ungeschminkte Stalker sein, die Dampf ablassen müssen. Der Focus schrieb. Die Bunte schrieb. Die Morgenpost schrieb. So schafft sich Journalismus ab, weil man keine Journalisten vermuten darf. Die Netiquette eines Shitstorms. Das ist die verquirlte Idee einer Netzgesellschaft, die für die Umwelt kämpft, gegen Tierversuche ist, die angeblich ohne Label leben möchte. Isabella Blow arbeitete mit Anna Wintour für die Vogue New York. Sie entdeckte Philip Tracy, Alexander McQueen und viele Models. Der Sohn von Bryan Ferry war ihr Patenkind. Sie vernetzte sich mit Andy Warhol und Roy Lichtenstein. Sie arbeitete für das Magazin Tatler. Fashion, dazu gehört die Schminke, war ihre Leidenschaft. Als sie älter wurde, war sie the figure from the past. Sie nahm sich das Leben. Daphne Guinness schützte ihr Erbe vor der Versteigerung, indem sie es komplett aufkaufte. Sie gründete die Isabella Blow Foundation, eine gemeinnützige Stiftung, die junge britische Mode- und Kunststudenten finanziell unterstüzt und beim Karrierestart hilft. Ein weiteres Stiftungsziel ist die Unterstützung von Forschungsvorhaben und karitativen Vereinigungen, die sich für die Erforschung und Bewältigung von Depressionen und psychischen Krankheiten einsetzen. Alexander McQueen, er blieb stets ungeschminkt, nahm sich nur wenige Jahre später das Leben. Es ist eine echte Tragödie. Die Netiquette der Netzwelt dokumentiert 9 Millionen Follower für das Label McQueen und 20.000 Follower für die Isabella Blow Foundation. Ich verachte dieses Verhalten aus tiefstem Herzen.