Power to the People

Eine Frau lebt mit ihrem Mann und ihren sechs Kindern in der Wildnis. Die Eltern ziehen ihre Kinder mit der Natur groß. Sie unterrichten ihre Kinder selbst. Sie treiben Sport. Sie unterhalten sich. Sie klettern an Felswänden. Sie lernen - sich selbst zu verteidigen. Sie machen Musik. Eine Familie versorgt sich selbst. Kein Fastfood, keine Werbung von Pizzabäckern, keine Lieferdienste, kein Rundfunk. Das Stadtleben ist über Jahre weit entfernt. Die Kinder kennen keine Computerspiele. Sie sind keine angesagten Gamer. Sie wachsen ohne Unterhaltungselektronik auf. Die ganze Familie lebt in einem umgebauten Bus. Nachts schlafen sie unter den Sternen. Sie haben sich vom systemischen Versorgungsnetz abgekoppelt. Off-grid parenting. Eines Tages wird die Frau so schwer krank, dass Ihr Mann sie in ein Krankenhaus bringen muss. In diesem Krankenhaus stirbt sie. Ihre wohlhabenden Eltern schalten sich ein. Sie bezahlen die Beerdigung ihrer Tochter. Sie entscheiden eine christliche Erdbestattung. Ihr Vater droht dem Ehemann, in einem kurzen und kalten Telefonat, ihn zu töten, sollte der bei der Beerdigung erscheinen. Er denkt nicht an die Kinder, die seine Enkelkinder sind. Er macht den Ehemann für den Tod seiner Tochter verantwortlich. Ein natürliches System ist in Gefahr. Der Tod der Frau macht es fragil und angreifbar. Ein anderes Familiensystem, mächtig durch Anerkennung und Geld, will es nur deshalb zerstören. Der Ehemann und seine Kinder müssen sich zunächst beugen, dann aber widersetzen sie sich und fahren zur Beerdigung. Der Ehemann trägt einen roten Anzug. Sein jüngster Sohn trägt ein Krokodilkostüm. Seine beiden Töchter tragen blumige Kleider. Sein zweitjüngster Sohn trägt eine Gasmaske aus Gummi und seine beiden älteren Söhne tragen Shirts und Westen. Der Ehemann schreitet zum Altar. Er berührt den Sarg, dann begrüßt er den Pfarrer; er liest den letzten Willen seiner Frau vor. Sie nahm die buddhistische Philosophie ernst und wünschte sich eine Feuerbestattung. Er erwähnt ihren eigenwilligen Humor. Sie wünschte, dass ihre Asche in einem öffentlichen Raum, wo viele Menschen sind, in eine öffentliche Toilette geschüttet wird. Die Trauergemeinde ist schockiert, der Pfarrer ist still. Der Ehemann wird kurzerhand aus der Trauerhalle geworfen. Seine Frau wird auf einem Friedhof begraben - in einem Sarg. Ihr mächtiger Vater nutzt die Situation aus und überzeugt den geschwächten Ehemann, die Kinder in seinem System zu lassen. Dort sollen sie behütet aufwachsen, die Schule besuchen. Der Partriarch weiß nicht, dass seine eigenen Enkelkinder hochgradig gebildet sind. Er weiß nicht, dass der älteste Junge von jeder Elite-Universität eingeladen wurde. Den Kindern ist der Überfluss unheimlich, fremd und äußerst unangenehm. Sie verstecken sich im Bus und fahren mit dem Vater Richtung Heimat. Als sie in der Dämmerung auf einem Rastplatz ausruhen, sind die Kinder zutiefst deprimiert, weil sie den letzten Wunsch ihrer Mutter nicht erfüllten. Kurzerhand beschließen sie, dass es nicht zu spät dafür ist. Sie springen in den Bus, fahren zum Friedhof und graben den Sarg ihrer Mutter aus. Sie schließen das Grab und nehmen sie mit nach Hause. In der Wildnis bekommt sie eine Zeremonie und eine Feuerbestattung. Erst einige Zeit später wird ihre Asche - wunschgemäß - auf der Toilette eines Flughafens bestattet. Nichts an dem Film >Captain Fantastic< ist falsch! Ich frage mich, wie Heranwachsende mit der Systemschere im Kopf klarkommen. Wenn man in einem politischen System zwei Finanzsysteme laufen lässt, dann müssen bereits Kinder zwei Finanzsprachen lernen, zwei Bildsprachen entwerfen, zwei Persönlichkeiten werden. Das muss schwer sein! Im Moment lernen Kinder, dass sehr große, große und kleine Firmen, die durch den Lockdown keine Umsätze generieren können, die Mitarbeiter kündigen müssen, die Mitarbeiter auf Kurzarbeit setzen müssen, unheimlich viel Unterstützung vom Staatsapparat bekommen. Viele Millionen Euro werden in der Wirtschaft verteilt. Das ist sozial. Die Bösenkurse steigen, weil jene unterstützten Firmen viel Geld auf Spieltische werfen. Sie "müssen" die staatlichen Hilfen unbedingt vermehren. Das Börsenbeben aus dem Jahr 2019 ist - was ein Wunder - verschwunden. Ein kleiner Unternehmer in Not vermietet seine Wohnung über Airbnb. Der Gründer platziert seinen Konzern an der Börse. Er verkauft Aktien. Durch die Coronahilfe kann der kleine Unternehmer Airbnb-Aktien kaufen. Die Aktie steigt rasant. Der Unternehmer, der sein Geschäft schließen muss, erzielt einen hohen Gewinn, den er vorher nie hätte erzielen können. Der Staatsapparat nimmt die Spekulationssteuer oder die Kapitalertragssteuer ein. Diese Schere im Kopf erzieht Wölfe in Schafspelzen, die glauben, dass sie Schafe sind. Was ist eine behütet soziale Kindheit?