Die Kümmerer der Stadt

In dieser Stadt regieren Menschen nicht mehr mit Herz und Seele. Der gesunde Menschenverstand, zu dem Logik gehört, waltet nicht mehr in der Politik. Übrigens. In den Behörden läuft der Film, der auch in der berliner Wirtschaft läuft. Die wenigen Fachkräfte tragen die Ausfälle. Gestern bekam ich einen Umfragebogen von der Senatsverwaltung, um Behörden zu bewerten. Das zeigt mir als Bürgerin und als Bestatterin zunächst, dass meine jahrelange Korrespondenz wahrscheinlich ausgelacht und zerrissen wurde. An den Fragen erkenne ich, dass die Macher der Umfrage, also quasi die Meister der Stadt, offenkundig in anderen Welten leben. Sie haben offenkundig nie auch nur eine Behörde besucht. Abläufe, die bei einem Sterbefall dringend eingehalten werden müssen, kennen diese Meister schlicht nicht. Das erinnert tatsächlich an Elizabeth Holmes, die mit ihrer Firma viel Geld vereinnahmte, bei der Befragung zu ihrer Firma keine Antworten geben konnte, weil sie nichts wusste. Das bekannte Credo der Stadt Berlin: "Die wenigen Beschwerden zeigen uns, dass alles in Ordnung ist." Die Freundlichkeit der Bürger wird also nicht nur bestraft - die Meister im Senat wissen nicht einmal mehr, dass Trauernde, die meist einen echten Schock erleiden, keine Nerven haben, um eine Beschwerde zu schreiben. Wozu auch?! Sie landen im städtischen Kreislauf und werden dann rausgeworfen. Somit wissen die anknüpfenden Behörden und Landesbetriebe, die teilweise verkauft wurden und in privater Hand liegen, ebenfalls nicht, dass man eine Bestattungsgenehmigung nicht nur für eine Bestattung benötigt. Der Amtsarzt im Krematorium führt mit diesem Schein eine zweite Leichenschau durch, die vor allem Straftaten aufdecken kann. Regelmäßig werde ich mit meinen fachlichen Anfragen oder Feedbacks in ein Karussell gesetzt: Die Kripo verweist an das Ordnungsamt, das Ordnungsamt verweist an das Gesundheitsamt. Das Gesundheitsamt stellt die Ermittlung ein, weil die Mitarbeiter vergessen haben, warum der gesetzlich vorgeschriebene Amtsarzt, der von Familien bezahlt wird, eine zweite Leichenschau unverzüglich machen muss. Zudem sind wir natürlich in einer Pandemie. Wäre die Pandemie ein Pirat; und wären wir auf der MS-Berlin, dann muss man wissen, dass wir viele Kapitäne haben, die nichts über die Bordinstrumente wissen, die allerdings nur sie bedienen dürfen. Sie wurden schlicht nie ausgebildet. Die Matrosen dürfen nur folgen. Sie dürfen sich nicht beschweren. Sie dürfen nicht streiken. Wir, die die MS-Berlin gebaut und finanziert haben, sind nur Gäste an Bord. Der Pirat hält uns quasi in einem Delta in Schach. Er bedroht uns. Die Matrosen gehen bereits von Bord und melden sich auf einer Insel arbeitslos, weil sie ausgebrannt sind. Herr Söder jagt die Matrosen zurück ins Delta, weil er nicht weiß, wie man mit Piraten umgehen soll. Er hat schlicht Angst. Er ist kein Nicolas Sarkozy, der in ein Gebäude stürmt und Terroristen überrumpelt, um Gefangene zu befreien. In Deutschland können sich Politiker heute absolut darauf verlassen, dass sie von der Justiz geschont werden. Die Kapitäne gehen von Bord, die Justiz schaut weg. Kein Erdbeben der Gerechtigkeit. Es lebe die Verfilzung. Ist es nicht dekadent zu nennen, dass Handwerker die verstopften Toiletten der Stadt unbedingt, auch ohne Impfpflicht, reparieren sollen? Ist es nicht dekadent, dass jene Handwerker keinesfalls ungeimpft zum Friseur gehen dürfen? Es ist kaltherzig zu nennen, dass eine Bestattung nicht in die Kategorie Lebensbedarf gestellt wird. Ist es nicht absurd, dass wir ein schönes Schiff gebaut haben, welches wir unausgebildeten Kapitänen überlassen? Ist es nicht dekadent, dass die Justiz Fahrlässigkeiten absolut befürwortet, also nicht eingreift, obgleich die Kapitäne unser Schiff verlassen; in dem vollen Wissen darüber, dass es an Klippen zerschellen kann, dass der Pirat das Schiff übernehmen könnte?! Die ersten Midi-Ausläufer des Piraten klingen auf meiner Terrasse so: "Ihr Geschäft geht nur bis zum Ende der Holzplanken! Nur bis hier! Die Terrasse gehört nicht zu ihrem Geschäft." Oder sie klingen so: "Ich zahle Steuern!" Anhänger der Piraten schüren das Chaos. Sie sind schlampig in der Ausführung, weil sie keine Fragen stellen. Sie ziehen neue Grenzen. Sie expandieren, vergrößern die Terrasse des Caféhauses und vereinahmen die Räume, die zum Bestattungsinstitut gehören. Einen Grund haben sie nie! Das machen sie auch vor ihren Kindern. Trauernde interessieren sie nicht! Die Not der anderen interessiert sie nicht. Natürlich sind es keine Traumpiraten, im Format Johnny Depp. Sie erzählen keine Abenteuergeschichten, die sie erlebten. Sie erzählen keine Geschichten über die Weltmeere. Sie können eigentlich nur einen Satz aufsagen: "Rufen Sie doch die Polizei." Ausläufer sind jene Menschen, die von falschen Kapitänen lernten. Sie äffen ein identisch idiotisches Karussell nach! Gestaltet endlich die Stadtverwaltung Berlin! Fangt einfach an! Jetzt! Die Umfrage der Senatsverwaltung, in einer 2 Jahre alten Pandemie, deckt die Inkompetenz, die Stümperhaftigkeit und die Dekadenz auf. Diese Umfrage wirkt wie ein Scheuerlappen im Gesicht jener Fachleute, die einen Hauch von Dienstleistung praktizieren möchten.