Augen öffnen

Ich möchte mit meinen Gedanken die Augen von Trauernden öffnen, die Sichtweise anders setzen, denn in den momentanen Härtefallen pflegen Töchter ihren Vater, verlieren ihre Mutter, sie werden auf Kurzarbeit gesetzt, müssen Zimmer in Pflegeeinrichtungen räumen. Sie müssen einkaufen und ihre Kinder versorgen. Sie bräuchten also Zuspruch und Beileidsbekundungen und eine köstliche Hühnerbrühe. Die müssen sie allein kochen. Wenn ich die ganzen Auswürfe der deutschen empathischen Öffentlichkeit filtere, dann würden Kondolenzbriefe an Traurige so klingen: "Stayhome! Geht das nicht in Deinen Kopf! Du hast es immer noch nicht verstanden! Du hast eine Krise! Wir haben hier alle eine Krise!" Oliver Pocher ist zum Beispiel ein Mensch, dem alle Bühnen entzogen wurden. Plötzlich steht er mit betenden, wedelnden Händen vor einer Handycamera und trägt seine Infektion zur Schau. Ein Mann, der sich über alle Menschen lustig gemacht hat, der einfach zu Hause bleiben soll, kann es nicht ertragen, dass man ihn nun nicht mehr sehen kann. Also wackelt er im Schlafanzug herum und betet, dass die Kanzlerin endlich den Shutdown zelebriert. Die Zeitschrift Focus überträgt sein Video. Herr Dassel von den Grünen erklärt öffentlich lang und breit, wie er sich wann bei seiner Freundin angesteckt hat. Trauernde haben im Moment nichts zu erwarten - weder ein gutes Wort, noch eine schöne Geste. Klar ist, dass Herr Pocher einen Bühnenentzug hat. Klar ist, dass Herr Dassel keine politischen Pläne hat. Die einzige Frau der Öffentlichkeit, die keine narzisstischen Anflüge zeigt, ist tatsächlich die Kanzlerin. Vielleicht würde sie, ganz praktisch, Baumännchen beauftragen, eine Linsensuppe für eine traurige Nachbarin zu kochen. Ich wusste nicht, wie weit Menschen von Menschen entfernt sind. Ich hätte mir gewünscht, dass ehrliche Bekenntnisse von öffentlichen Menschen kommen: "Meine Bühne ist weg. Ich kann kein stilles Leben leben, das andere Menschen leben wollen." Es ist kränkend, wie weit Politiker von einem menschlichen Leben entfernt sind. Es ist peinlich, wenn liebevoller Zuspruch zur narzisstischen Beweihräucherung verkommt. Es ist kurios, wenn sich demokratische Menschen in Diktatoren verwandeln. Trauernde haben nichts von einem öffentlichen Deutschland zu erwarten - nichts. Friedhofsverwaltungen sind im Kriegs-Modus, weil Medien über einen Krieg berichten: "Der Sarg muss sofort zum Grab! Die Trauerhalle ist geschlossen!" Normalerweise könnte man eine Aufbahrung durchführen, wenn zum Beispiel 10 ruhige Menschen, im Abstand von 2 Metern, einzeln in die Trauerhalle schreiten." Manchmal habe ich das Gefühl, dass Menschen nicht an Corona denken, sondern an Fukushima, dass also die falschen Bilder falsche Entscheidungen bringen. Mich ärgert es, dass trauernde Menschen sich darauf verlassen haben, dass man im Notfall genug Masken kaufen kann, dass Krankenhäuser mehr als 5 Beatmungsgeräte haben. Menschen, sogar Trauernde, sind so nett und decken eine "Wirtschaft", die die komplette Produktion ausgelagert hat. Danke dafür!